29.10.2012 – NTZ
Die Kunst will uns etwas über das Leben sagen
In der neu gestalteten Kundenhalle der Volksbank Kirchheim-Nürtingen wurden die Nürtinger Kunsttage eröffnet – Skulpturen von Lothar Seruset von Anneliese Lieb.
Die neu gestaltete Kundenhalle der Volksbank Kirchheim-Nürtingen bot am Freitagabend den idealen Rahmen für die Eröffnung der Nürtinger Kunsttage. Kunst braucht Raum. Und den hat die Volksbank in der Kundenhalle und in den Schaufenstern für die Skulpturen von Lothar Seruset geschaffen. Sowohl innen als auch außen kann der Betrachter in einen spannenden Dialog mit Serusets außergewöhnlichen Figuren treten.
„Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht der Mensch. Lothar Seruset zeigt uns mit seinen Figuren, wie verschieden Menschen sind, wie unterschiedlich in ihrem Aussehen, ihrer Haltung zu den Dingen und dem, was ihnen wichtig ist“, sagte Wolfgang Mauch, Vorstandsmitglied der Volksbank, bei der Ausstellungseröffnung vor rund 150 Besuchern. „Seine Figuren werden uns in diesen Wochen mit ihrer Ausdruckskraft inspirieren.“
Die teilweise fast lebensgroßen Figuren des in Berlin lebenden Künstlers (er war am Freitag persönlich anwesend) sind ausdrucksstark. Kunst, die den Menschen etwas über das Leben sagen will. Die Aussage selbst entsteht im Kopf des Betrachters, Lothar Seruset macht aber auch Vorgaben. Seine Figuren tragen oder stemmen die ungewöhnlichsten Dinge. Fische, Hunde, ein Haus oder eine Krone. Sie stehen auf Autos, Totenköpfen oder auf einem Fisch. Manches erstaunt, anderes kommt absurd daher oder erheitert, ja verleitet zum Schmunzeln. Seine Gestalten sind trotz äußerlicher Verwandtschaft doch recht individuell. Figuren mit großen Händen, knolliger Nase, Bauchansatz, Hängebrüsten, tief liegenden Augen, mit Krawatte, mit Kleid oder in der Badehose.
Einführung in die Ausstellung durch die Kunstberaterin Eva Mueller
„Auf äußerst selbstverständliche und ernsthafte Weise stehen sie auf dem Kopf und halten die Balance. Ganz versunken und schicksalsergeben lebt jeder von ihnen im eigenen Kosmos und zeigt, wie leicht wir uns mit dem identifizieren, was wir auf oder im Kopf tragen“, so Eva Mueller, Kunstberaterin aus München, die zur Auseinandersetzung mit Serusets Skulpturen einlud. Die Figuren sind aus wildem Holz. Der Bildhauer hat sie mit der Motorsäge oder mit dem Stechbeitel bearbeitet – mal mit rauer Oberfläche, dann wieder mit farbigen Akzenten. Seine Charaktere spielen ihre Rolle überzeugend. Seruset hat an der Hochschule der Künste in Berlin Bildhauerei und Malerei studiert. Seine Figuren entstehen in der überwiegenden Mehrzahl in seinem Atelier in Brandenburg.
„Menschen wie wir, durch das Leben gekennzeichnet. Figuren, die dem Betrachter den Spiegel vorhalten.“ Eva Mueller, Kunstexpertin und diplomierte Sozialwissenschaftlerin, führte nicht nur in die Ausstellung zur Eröffnung der Kunsttage ein, sie hat die Volksbank auch bei der Auswahl der Kunstwerke für die neu gestalteten Räume des Kreditinstitutes beraten.
“Die Kunst will uns etwas über das Leben sagen” – Nürtinger Kunsttage
Kunst gibt es seit Freitag aber nicht nur in den Schaufenstern der Volksbank. Die Nürtinger Kunsttage sind die bedeutendste Veranstaltung des Nürtinger Werberings. „Zum 24. Mal zeigen wir in fast 80 Geschäften, Banken und öffentlichen Einrichtungen Kunst in jeder Art“, so Werbering-Vorsitzender Frieder Henzler. Aus einer unkonventionellen Idee im Jahr 1988 entwickelte sich eine Veranstaltung, die über die Region hinaus Beachtung findet.
Die ganze Stadt wird zehn Tage lang (bis 4. November) zu einer Galerie. Namhafte Künstler oder weniger bekannte Hobbykünstler präsentieren die ganze Bandbreite unterschiedlicher Techniken und Stilrichtungen. Die Kunst in den Schaufenstern lädt zur Entdeckungsreise durch die Stadt ein. „Nirgendwo können sich lokale und regionale Künstler in dieser Breite präsentieren“, betonte Frieder Henzler.
Dass die Kunsttage zu einem Markenzeichen für Nürtingen geworden sind, erfüllt auch Oberbürgermeister Heirich mit Stolz. Mit dieser Veranstaltung gelinge es, Menschen in die Stadt zu locken, die sonst nicht nach Nürtingen zum Einkaufen kämen.