Ambiguitätstoleranz

Guten Tag,

wie gut ertragen Sie Widersprüchlichkeiten? Die Psychologin Else Frenkel-Brunswik analysierte als Erste die Kompetenzen, die wir brauchen, um offen, flexibel und kreativ mit unterschiedlichen Meinungen, Erwartungen und Sichtweisen umgehen zu können.

Sie beschäftigte sich mit der ethnozentrischen Voreingenommenheit bei Kindern. Wenn Babies autoritär erzogen, also schlicht frustriert wurden, konnten sie keine innere Autonomie entwickeln. Auf Gehorsam festgelegt, suchen sie auch als Erwachsene stets nach richtig oder falsch, versuchen den jeweils Mächtigen zu gefallen, anstatt der eigenen Wahrnehmung zu folgen. Sie überhöhen oder dramatisieren ihre Eltern oder Mitmenschen als grundsätzlich gut oder böse. Versuchen Situationen mit aller Gewalt unter ihre Kontrolle zu bringen. Alle nicht integrierbaren Anteile werden ausgegrenzt, verleugnet, auf andere projiziert. Realitätsangemessen wäre die Erkenntnis, dass jede/r von uns ganz unterschiedliche Nuancen und Anteile in sich trägt.

Schwarz-Weiss-Denken verhindert lebendige Erfahrung. Ambiguitätstolerante Menschen können sogar eine gewisse Freude am Unbestimmten entwickeln. Es gelingt ihnen, neue, komplexe, scheinbar unlösbare Widersprüche dynamisch mit den eigenen Vorstellungen und Wahrnehmungen zu verbinden.

Zeitgenössische Kunstwerke erfordern nicht selten diese Kompetenz, emotional und kognitiv mit Mehrdeutigkeiten umzugehen. Sie führen uns neue Sichtweisen vor Augen. Ungewohntes. Diversitäten. Dilemmata. Paradoxes. Fiktives. Unerwartetes. Fehlt das richtige Mass an Spannung, gleiten sie ab in Kitsch oder Aufmerksamkeitsschocker.

Ambiguitätstoleranz ist nicht nur eine wesentliche Persönlichkeitsvariable, sie ist in diesen Zeiten rasanter Veränderungen eine unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche Unternehmen. Wenn sie in der Unternehmenskultur sichtbar wird und damit alle Beteiligten beeinflusst, lösen sich enge Glaubensmuster und Blockaden auf (Furnham/Gunter 1995). Erneuerungen, Innovationen und Entwicklungen sind immer voller Widersprüche und Ambivalenzen. Kunstwerke trainieren diesen reifen Verarbeitungsmodus, mehrdimensionale Betrachtungsweisen integrieren zu können.

Das Leben ist glücklicherweise unberechenbar!

Mit engagierten Grüssen

Ihre Eva Mueller

Im Museum Kunstpalast in Düsseldorf hat soeben die Ausstellung „Black and White. Von Dürer bis Eliasson“ begonnen. Einen Schwerpunkt bildet die Grisaille Malerei mit unendlichen Variationen von Grautönen aus 7 Jahrhunderten.

Ohne die bunten Farben zeigen die Kunstwerke, wie viele Nuancen zwischen Schwarz und Weiss möglich sind!

Abb: The Collectors House (Das Haus des Sammlers) von Hans op de Beeck (nur während der Ausstellung möglich)

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