Guten Tag,
in Florenz waren prosperierender Handel und höchste Kunst schon immer untrennbar verbunden. 90.000 Einwohner zählte man zu Zeiten der reichen und politisch einflussreichen Bankiersfamilie der Medici – und ca. 200 gut ausgelastete Künstlerateliers bzw. –werkstätten.
Wer auf sich hielt, umgab sich mit Kunst und Künstler/innen. Holte die Erfolgversprechendsten in die Stadt. Gab den Besten Aufträge. Wusste um das unvergleichliche Charisma von Bildung und Hochkultur.
Über ihr grosszügiges Mäzenatentum konnten die Medici ihre Vorrangstellung stetig ausbauen. Sie hatten wesentlichen Anteil an der Entwicklung der Renaissance, der Wiedergeburt antiker Ideen und Darstellungswelten. Vor allem aber entwickelte sich in dieser Zeit die autonome Künstlerschaft Einzelner, genialer Genies. Zuvor wusste man kaum, von wem ein Gemälde stammte. Wurde doch alles in Werkstätten erstellt, Familienmitglieder und Gehilfen, Lehrlinge und Meister/innen arbeiteten gemeinsam am Bild oder an der Skulptur. Wer die Hände, wer den Himmel gemalt hatte, war nicht von Bedeutung.
Das wurde ab dem 14./15. Jh. anders. Wir kennen die Namen der herausragenden Protagonist/innen: Fra Angelico, Sandro Boticelli, Donatello, Filippo Lippi, Masaccio, Plautilla Nelli, Michelangelo, Raffaello, Leonardo da Vinci, später Artemisia Gentileschi, Angelika Kaufmann und viele andere mehr.
Religiöse Motive wie Maria mit dem Jesuskind standen noch im Vordergrund. Mit dem erstarkten Selbstbewusstsein der Künstler/innen entwickeln sie neue Techniken wie die Zentralperspektive. Reiche Bürger/innen lassen sich portraitieren, Landschaften lösen sich aus dem Hintergrund von Bibelgeschichten und werden selbst zum Thema. Die antike Sagenwelt der Gött/innen – und bevorzugt natürlich Venus – ist beliebtes Sujet. In Zeichnungen und Anatomiestudien erkennen wir die Suche nach wirklichkeitstreuer Abbildung.
Die alte Pinakothek mit ihren reichen Kunstschätzen aus der italienischen Renaissance erstrahlt nach der Renovierung in neuem Licht – und zeigt 120 Meisterwerke aus Florenz. Grossartige Leihgaben sind zu sehen. Hintergrundwissen über Maltechniken, Bildaufbau und Restaurierung bereichern die Ausstellung zu einem informativen Parcour.
Knüpfen wir also wieder daran an, dass Kunstwerke ganz selbstverständlich zu Bildung, Persönlichkeitsentfaltung und Wohlstand gehören!
In diesem Sinne einen inspirierenden Sonntag,
herzlich Ihre Eva Mueller