Guten Tag,

Mar­mor­stein und Mu­ra­no­glas gel­ten als edle Ma­te­ria­li­en, mit denen Künst­le­rIn­nen seit Jahr­tau­sen­den ar­bei­ten. Sie sind Syn­oy­me für Wohl­stand, Ge­schmack, Kunst­sinn ge­wor­den. Man­che Kunst­schaf­fen­de wäh­len ge­ra­de des­halb an­de­re Werk­stof­fe, die ihnen neue und freie­re As­so­zia­tio­nen er­lau­ben. Das Ge­wohn­te in Frage stel­len.

Wenn man al­ler­dings Ge­schich­ten er­zäh­len will, die einen neuen Blick auf Ver­gan­ge­nes er­mög­li­chen, bie­ten Mar­mor und Mu­ra­no­glas my­then­rei­chen Stoff. Oto­bong Nk­an­ga aus Ni­ge­ria hat auf der Bi­en­na­le mit die­sen Ele­men­ten in Ve­ne­dig einen lan­gen Fluss durch die be­ein­dru­cken­den Ar­se­nale­hal­len ge­zo­gen. Eine Le­bens­ader. Mit fei­nen Li­ni­en des Mar­mors. Wun­der­ba­rer Far­big­keit des Mu­ra­no­gla­ses. Schön an­zu­se­hen. Bei­des lange re­gio­nal ver­wur­zelt. Und be­den­kens­wert.

Nk­an­ga fin­det damit eine spür­ba­re und sicht­ba­re Linie zu ak­tu­el­len The­men wie Ab­hol­zung, Roh­stoff­aus­beu­tung, Zer­stö­rung von Land­schaf­ten, Um­welt­ver­schmut­zung. Ist es so selbst­ver­ständ­lich, dass wir aus der Erde neh­men kön­nen, was wir brau­chen? Ohne Rück­sicht auch auf die Ar­beits­be­din­gun­gen? Ge­ra­de, wenn es sich um ko­lo­nia­le Län­der han­del­te und han­delt, in denen heute noch Kin­der im Stein­bruch ar­bei­ten. Die ni­ge­ria­ni­sche Künst­le­rin ver­weist also mit Ihrem Werk auf Aus­beu­tung und Schön­heit zu­gleich. Und auf die Trans­for­ma­ti­on der ent­nom­me­nen Ma­te­ria­li­en. Venen als wich­tigs­te Ver­sor­gungs­ka­nä­le wer­den um­mit­tel­bar spür­bar.

Ein bis­her ganz und gar nicht mit Kunst in Ver­bin­dung ge­brach­tes Ma­te­ri­al wählt Hraf­nhil­dur Aran­dot­tir für den dies­jäh­ri­gen is­län­di­schen Pa­vil­lon. Wir tau­chen in eine Höhle aus bun­ten chi­ne­si­schen Haar­ver­län­ge­run­gen. Pas­sie­ren den ers­ten, dunk­ler ge­hal­te­nen Teil, der an die Farb­tö­ne von Vul­ka­ner­de er­in­nert. Er­le­ben eine ne­on­far­be­ne Ka­the­dra­le und er­rei­chen schliess­lich eine Höhle in sof­ten Pas­tell­tö­nen. Zau­ber­haft ver­wan­delt Aran­dot­tir ihr Ma­te­ri­al. Mit den Klän­gen der is­län­di­schen HAM Band ent­stand ein gross­ar­ti­ger Ort zum aus­ru­hen, ein­ku­scheln und neue En­er­gie schöp­fen.

Mit son­ni­gen Grüs­sen von mei­ner zwei­ten Füh­rung durch die Bi­en­na­le,
herz­lich Ihre Eva Mu­el­ler

Abb. „Veins Ali­gned“ 2018 von Oto­bong Nk­an­ga, Ni­ge­ria, in den Ar­se­na­le der 58. Bi­en­na­le in Ve­ne­dig

Im Hin­ter­grund die be­ein­dru­cken­den Fo­to­gra­fi­en und Selbst­be­fra­gun­gen von Zane­le Mu­ho­li aus Süd­afri­ka „Som­nyama Ng­onyama, Hail the Dark Lio­ness – Sei ge­grüsst dunk­le Löwin“ 2012

Abb: „Chro­mo Sa­pi­ens – Farb­mensch“ von Hraf­nhil­dur Ar­na­dot­tir im is­län­di­schen Pa­vil­lon der 58. Bi­en­na­le in Ve­ne­dig

Man sieht ziem­lich deut­lich, wel­chen Spass wir hat­ten (noch ein Bild von der ers­ten Füh­rung, Foto Wal­ter Kraus)!

News­let­ter der Eva Mu­el­ler Kunst­be­ra­tung
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