GE­FÄHR­LI­CHE GE­FÜH­LE?

Guten Tag,

ge­fähr­lich kön­nen Ge­füh­le wer­den, wenn sie un­be­wusst blei­ben. Darin liegt auch das gröss­te Pro­blem un­se­rer still­schwei­gend ver­ein­bar­ten, kul­tu­rel­len Norm, ja keine Re­gung zu zei­gen. Oft schon zu Hause, spä­tes­tens in der Schu­le an­trai­niert, wirkt sie wei­ter in den be­ruf­lich/wirt­schaft­li­chen Kon­text und kann so sehr zur Ge­wohn­heit wer­den, dass selbst im Pri­va­ten nichts mehr zu spü­ren ist.

Ge­fähr­lich wird die Taub­heit dann, wenn der Druck zu hoch wird und eine Ent­la­dung ge­schieht, die in kei­ner Re­la­ti­on zur Ur­sa­che steht. Wor­auf alle Be­trof­fe­nen (ein­schliess­lich Ver­ur­sa­cher/in) höchst über­rascht und ge­schockt re­agie­ren, wie dies pas­sie­ren konn­te. Von einer Mi­nu­te zur an­de­ren ent­puppt sich da eine völ­lig un­be­kann­te Per­son. Häu­fig mit nicht ge­rin­gen Fol­gen für Be­zie­hun­gen, Kar­rie­re, wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit.

Ge­fähr­lich ist die Ge­fühls-Nai­vi­tät, mit der Po­pu­lis­ten ihr leich­tes Spiel haben. Sie leben wü­tend aus, was sich selbst ver­ord­ne­te Ge­fühls­zu­rück­hal­ter/innen nicht trau­en. Oder nut­zen das welt­wei­te Netz, um end­lich ihre dunk­len Sei­ten an­onym ex­plo­die­ren zu las­sen. Nun blei­ben Be­wusst­sein, Ratio und In­tel­lekt völ­lig aus­ge­schal­tet. Wir ken­nen die alten/neuen Ar­gu­men­te „man werde doch mal sagen dür­fen…“. Die Fol­gen er­le­ben wir deut­lich in un­se­rem po­li­ti­schen All­tag.

Ganz un­ge­fähr­lich ist er daher nicht, der Zu­gang zu Kunst­wer­ken. Weil sie uns mit ei­ge­nen Ge­füh­len und De­fi­zi­ten kon­fron­tie­ren. Auf in­spi­rie­ren­de Weise al­ler­dings nur, wenn wir uns emo­tio­nal und in­tel­lek­tu­ell öff­nen, dar­auf ein­las­sen kön­nen. Darum ist Kunst im Un­ter­neh­men, im wirt­schaft­li­chen und ge­sell­schaft­li­chen Kon­text über­le­bens­wich­tig! Für die Ein­zel­nen, die sich in ihrem Um­feld als ganze Per­sön­lich­keit er­fah­ren und ent­wi­ckeln wol­len. Und für unser Zu­sam­men­le­ben, damit die Ma­ni­pu­la­to­ren keine Chan­ce haben.

Ge­ra­de hat Pa­tri­cia Patz ein gross­ar­ti­ges Buch über „Ge­füh­le. Emo­tio­nal ge­sund in einer ra­tio­na­len Welt“ ver­öf­fent­licht. Sie ver­mit­telt all das, was wir schon immer über Ge­füh­le wis­sen woll­ten – und wie sie auf glück­li­che Weise leb­bar wer­den.

Die­sem Wert der Ge­füh­le wid­met sich auch die ge­ra­de er­öff­ne­te Aus­stel­lung „Fee­lings“ in der Pi­na­ko­thek in Mün­chen. Mit einem gross­ar­ti­gen Kon­zept von Ku­ra­tor Bern­hard Schwenk und Ku­ra­to­rin Ni­co­la Graef, die be­wusst alle In­for­ma­tio­nen zu den je­wei­li­gen Ex­po­na­ten auf einen Touch­screen am Ende des Rund­gangs ver­bannt haben. Damit Be­su­cher/innen sich ganz auf ihr Emp­fin­den, ihre Ge­füh­le, ihre Ein­sich­ten kon­zen­trie­ren kön­nen. Sich selbst und die Kunst un­mit­tel­bar er­le­ben. Und un­ab­hän­gig vom üb­li­chen Na­mens­hype und Markt­wert wie­der das un­mit­tel­ba­re Be­trach­ten und Füh­len im Vor­der­grund steht. Sehr emp­feh­lens­wert!

Es scheint an der Zeit, dass wir uns end­lich um­fas­send mit dem Wert von Ge­füh­len be­fas­sen.

Mit den bes­ten Grüs­sen
Ihre Eva Mu­el­ler

Abb: Ste­phan Melzl „Ge­heim­nis“, 2005, Oil on Wood, 65 x 70 cm, Co­py­right Pi­na­ko­thek der Mo­der­ne
Ab­bil­dung nur zum Aus­stel­lungs­hin­weis

Die­ses Bild ganz am Be­ginn der Aus­stel­lung ist ein tref­fen­des Bei­spiel für das Kon­zept der Ku­ra­tor/innen. Es löst so­fort Ge­füh­le aus. Wohl ganz un­ter­schied­li­che, je nach­dem wel­che Er­fah­run­gen Sie ge­macht haben. Aber erst ein­mal muss man nichts über den oder die Maler/in bzw. den Markt­wert des Ge­mäl­des wis­sen. Wir ver­ste­hen auf einer Ebene, die nur Kunst­wer­ke ver­mit­teln kön­nen.

„Fee­lings“ Aus­stel­lung in der Pi­na­ko­thek der Mo­der­ne, Mün­chen – bis zum 4.10.2020 zu sehen

News­let­ter der Eva Mu­el­ler Kunst­be­ra­tung
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