WANN KÖNNEN WIR IN DER FOTOGRAFIE VON KUNST SPRECHEN?
Wer macht keine Fotos? Handykameras werden immer brillianter. Es geht so schnell und unkompliziert wie nie zuvor. Keine extra Einstellungen. Belichtungsmessung unnötig. Die Fotografie ist wie kein anderes Bildmedium für jede/n handhabbar.
Die Möglichkeit, Bilder mit lichtempfindlichen Materialien aufzuzeichnen weist eine jahrhundertelange Geschichte auf – bis Joseph Niépce und Louis Daguerre als die eigentlichen Väter der so genannten Photographietechnik in Erscheinung
treten konnten. Nun war es möglich bedeutende Ereignisse und damit unvergängliche Momente einzufangen. Bilder aufzuzeichnen und zu teilen, auf eine sehr viel schnellere Weise, als dies mit Gemälden möglich ist.
Und es gehörte keine Kunst dazu! Man musste die Technik beherrschen, ja. Natürlich unterscheiden sich die Bilder in ihrer Qualität. Deshalb werden frühe Fotografien von Julia Margaret Cameron, Lázló Moholy-Nagy, Robert Adamson, Alfred Stieglitz, Man Ray, Dorothea Lange oder André Kertész noch heute auf dem Kunstmarkt mit hohen Preisen gehandelt.
Worin liegt der Unterschied dieser Abbildungen zu anderen, abertausenden, die über eine kurze private Aufmerksamkeit oder Verwendung in der Werbung nicht weiterleben? Was kann nur die Kunst? Die Welt in ihrer Tiefe begreifen und darstellen. Eine universelle Aussage über unser Menschsein treffen. Damit unterschiedlichste Generationen, Nationen und Zuordnungen berühren.
Manchmal verändert Kunst sogar ganz praktisch die politischen und sozialen Einstellungen und Bedingungen. Denken wir nur an ikonische Bilder wie die Sozialphotographie zur Kinderarbeitslosigkeit oder das Mädchen im Napalmqualm des Vietnamkriegs.
Das Fotomuseum Winterthur zeigt mit seinem Rückblick „…bedeutende Photographien der Vergessenheit entreissen“ einen Überblick aus 50 Jahren Archiv der Fotostiftung Schweiz. Und gleichzeitig Bilder des Schweizer Avantgarde-Künstlers Ernst. A Heiniger „Good Morning World“!“ Zum Jubiläum erscheinen auch zwei umfangreiche Publikationen – falls Sie nicht nach Winterthur reisen.
Mit begeisterten Grüssen
Ihre Eva Mueller
Abb.: Plakate zur Ausstellung «Photographie der Schweiz um 1840 bis heute» Kunsthaus Zürich, 1974 |