Was gibt’s in Göttingen?

Was gibt’s zu sehen, wenn man einfach so durch die Stadt streift? Manchmal bleibt mir zwischen Terminen und Zugfahrt noch ein wenig Zeit. Dann nutze ich das „Freiluftmuseum“. Gibt es überhaupt Kunst? Wenn ja, vielleicht nur historische Denkmäler? Oder ganz modernes? Neue Kunst am Bau? Diesmal war es Göttingen.

Diese Stadt hat eine beeindruckende Historie. Schon in der Jungsteinzeit gab es eine erste Siedlung, 953 wurde es als Dorf Gutingi bekannt, unter Heinrich dem Löwen 1150 zur Stadt erkoren. 1734 begann ihr Aufstieg als bedeutende Universitätsstadt. Berühmte Gelehrte waren Mitglied der Akademie, so Georg Christoph Lichtenberg, Johann Wolfgang von Goethe, die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm oder Carl Friedrich Gauss, der als Mathematiker und Physiker ab 1807 die Sternwarte leitete.

Dem Landesvater seine Sieben

Direkt am Bahnhofsplatz widmet die zeitgenössische Künstlerin Christiane Möbus dem Landesvater, König Ernst August, anlässlich des Aufstand der Göttinger Sieben einen leeren Denkmalsockel. 1837 hatten sieben Professoren gegen die Aufhebung der freiheitlichen Verfassung seines Vorgängers protestiert und wurden dafür des Landes verwiesen. Als Vorbilder für den Widerstand des erwachten Bürgertums waren sie bald in ganz Deutschland bekannt. Der Denkmalsockel ohne Herrscher ist ein gutes Sinnbild für ihren Kampf um freie Bürgerrechte in einer demokratischen Verfassung.

Ganz versteckt gegenüber, unter mittlerweile hohen Bäumen, ein weiteres, ungewöhnliches Kunstwerk der Bildhauerin Katherine Hobson-Kraus. Ein Denkmal für eine ganz normale Bürgerin, die älteste Strassenhändlerin Charlotte Müller. Wo gibt‘s schon so etwas?

Mitten im Grünen stehen, ganz nah am Fluss Leine, der Göttingen prägt, Jürgen Webers „Grosses Gesicht“ und die „Ohrmuschel“, eine „Begegnung“ von Luis Guerrero mit der „Klangwelle“ von Baecher-Duisburg.

Die Gänseliesel

Auf dem Marktplatz vor dem Alten Rathaus findet man dann das Wahrzeichen Göttingens: „Die Gänseliesel“. Von diesen Gänse hütenden Elisabeths muss es um die letzte Jahrhundertwende viele gegeben haben. Noch heute werden die neuen Doktorand:innen der Universität mit dem Bollerwagen zur Gänseliesel gefahren, um ihr einen Kuss zu geben. Bis ganz oben an der Spitze des Rankgitters türmen sich die Blumensträusse, die sie dafür jeweils erhält.

Was man doch alles über die Geschichte, das Selbstverständnis und die Vision einer Stadt erfährt, wenn man die Kunst im öffentlichen Raum betrachtet!

Sonnige Grüsse, herzlich Ihre Eva Mueller

Göttingen

Abb. links oben: Die Gänseliesel am Marktbrunnen | oben Mitte:  „Klangwelle“ von Baecher-Duisburg | rechts oben: Denkmal für die älteste Strassenhändlerin Charlotte Müller, von Katherine Hobson-Kraus

Abb. links unten: „Ohrmuschel“ und „Grosses Gesicht“ von Luis Guerrero | unten Mitte: „Dem Landesvater seine Sieben“ von Christiane Möbus | echts unten: „Begegnung“ von Louis Guerrero

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