Guten Tag,
der ewige Zwiespalt von Liebe und Kampf, Zuneigung und Hass bewegt die Welt, in der wir häufig in dieser Dualität gefangen sind. Diese zentrale und essentielle Thematik haben Künstler*innen aller Zeiten auf vielfältigste Weise und in ganz unterschiedlichen Ausdrucksformen verarbeitet.
In Frankfurt treffen gerade zwei Ausstellungen zusammen, mit denen wir die ganze Kraft, Dynamik und Gewalt dieses Konflikts begreifen können.
Eben eröffnete im Städel die Ausstellung „Tizian und die Renaissance in Venedig“ mit über 100 Meisterwerken, darunter alleine 20 Gemälden des für seine spezielle Licht- und Farbdarstellung berühmten Malers Tizian. Der aufgeklärte Renaissancemensch entspricht unserem Idealbild einer Persönlichkeit, die das Wissen der griechischen und arabischen Antike mit freiheitlich-humanistisch-politischen Anspruch und künstlerischer Höchstleistung verknüpft. Damit verbunden ist eine Vision der Vollkommenheit und Harmonie in Kunst und Gesellschaft, die sich auf antike Vorbilder bezieht und daraus neue Leitbilder entwickelt.
Cady Noland hält uns dagegen einen Spiegel amerikanischer Wirklichkeit vor, der wie das absolute Gegenteil erscheint. Beunruhigend, da die meisten Arbeiten aus den 1980er und frühen 1990er Jahren stammen. Wir brauchen keine Erklärung, um über die Härte und Auswahl der Objekte zu begreifen, wie viel Brutalität im ganz „normalen“ Alltag steckt. Griffbereit auf einer Stange aufgereiht finden sich amerikanische Flagge, Handschellen, Waffen, Gehhilfen, Ketten. Immer wieder tauchen Absperrgitter auf, zeigt Noland die Beschränkung von Zugang und Teilhabe, die Mechanismen von Kontrolle und Herrschaft. Wer hätte gedacht, dass rüdeste Castingshows und Reality Formate mit der Demütigung anderer Zuschauer gewinnen können?
Nichts desto trotz bleibt natürlich für die meisten die Vision eines freien, aufgeklärten und vor allem ethisch ausgerichteten Menschsein bestehen. Auch wenn das Gegenteil häufiger publiziert wird, weil lauter und spektakulärer. Umso mehr sind wir gefordert Position zu beziehen.
Das mag auf den ersten Blick naiv erscheinen, beweist jedoch die Tyrannen- und Unrechtshistorie aller Zeiten. Wie bereits der römische Dichter Vergil schrieb „Omnia vincit Amor“ – Die Liebe besiegt alles!
In diesem Sinne einen schönen Sonntag und eine gute Woche,
herzlich Ihre Eva Mueller