Guten Tag,
für den Deutschlandfunk Kultur fragte mich Matthias Finger vorige Woche über die Rolle der Landschaftsmalerei in diesen besonderen Zeiten. Nicht jede*r verfügt ja im beschränkten Aktionsradius über einen schönen Ausblick, äusserst selten über Parklandschaften, grandiose Bergpanoramen, den Sonnenuntergang über dem Meer oder weite Wiesengründe.
Eine interessante Frage, um die Funktion der Landschaftsmalerei in Erinnerung zu rufen. Schon im 1. Jh v. Chr. erweiterte man mit Wandmalereien in Pompeji den Gartenbereich und holte ihn damit in die Innenräume. Bis ins Mittelalter diente die Landschaft in Gemälden allerdings eher zur Verortung des Geschehens. Grossartige Illustrationen in der Buchmalerei des 13. Jh. definierten so die Schauplätze der beschriebenen Erzählungen.
Erst als sich die Menschen immer mehr in geschlossene Räume zurückzogen, wuchs das Bedürfnis, die Naturanbindung wenigstens mit Hilfe von Gemälden zu erleben. Im 18. Jh. prägte einer der ersten Kunsthistoriker, Leo Batista Alberti dafür den Begriff des „Fensters zur Welt“. Es entstand die Vorstellung einer „idealen Landschaft“, die schliesslich sogar die Gestaltung der realen Gärten und Parks prägte, damit sie so aussehen wie auf den Kunstwerken.
Wenn viele Kleingartenbesitzer*innen heute Schwierigkeiten mit „Wildwuchs“ haben, rührt das auch von der Prägung durch solche Bilder – und einer zunehmenden Entfremdung davon, wie „Natur“ eigentlich aussieht, wenn wir nicht eingreifen. Den Maler*innen ist kein Vorwurf zu machen, sie müssen auf dem kleinen Raum, der ihnen zur Verfügung steht, natürlich alle Harmoniegesetze nutzen.
Künstler*innen heute widmen sich der Landschaftsmalerei, weil sie nach wie vor einen heilenden Einfluss auf uns ausübt. Ihre Schönheit und Poesie ist für viele eine Quelle der Freude. Bilder wirken über das Resonanzprinzip interessanterweise auf unser Nervensystem fast so stark wie die reale Erfahrung in der Natur.
Seit einigen Jahrzehnten gewinnen jedoch vor allem die ökologischen Bezüge an Bedeutung. Künstler*innen sorgen mit ihren „Aussichten“ für die Einsicht, dass wir gerade dabei sind, unsere eigene Existenz aufs Spiel zu setzen. Und damit zu verlieren, was wir so sehr lieben – das unmittelbare Erleben schöner Landschaften.
Geniess‘ die Natur in Deiner Umgebung bei den möglichen Spaziergängen,
herzlich Deine Eva
„Wolkenhimmel“ Fotografie von Harald Rautenberg
Wann gehört die Fotografie zur Kunst? Wenn sie uns mehr vermittelt als eine Abbildung. Den entscheidenden Moment. Eine unverwechselbare Atmosphäre. Wenn wir ins Geschehen hinein gezogen werden. Gar nicht anders können als die Erhabenheit der Berge, das Dunkel und das Helle auf unser Leben zu beziehen, den Hoffnungsschimmer wahrzunehmen, den Sonnenstrahl der sich seinen Weg durch die Wolken bricht.
o.T. Anina Gröger, Öl, Eitempera auf Hartfaser, Triptychon, je 200 x 59 cm
Anina Gröger entführt uns mit ihrem Gemälde in eine andere Wolkenlandschaft. Das Triptychon, die Dreiteilung zwingt uns genauer hinzusehen, das Bild selbst zusammenzufügen, wie wenn wir in der Landschaft sind, unseren Blick schweifen lassen.
Das Gras ist ockerbraun. Der Sommer war wohl heiss. Die Luft ist satt und zart und flockig zugleich. Eine wunderbare Stimmung, ein schöner Tag!