AUTHENTISCHE IDENTITÄT?

Wie schwer ist es schon unter friedlichen Bedingungen zu einer selbstbewussten Authentizität und Identität zu finden! Und erst unter ganz anderen Vorzeichen. Unterdrückung, Überformung und Auslöschung der eigenen Kultur. Kolonialismus. Krieg. Religiöse und ideologische Demütigung und Denunziation.

Was ist dann wirklich „Das Eigene“? Wie es entdecken – unter all den Überlagerungen? Welche Traditionen stimmen noch für die längst fortgeschrittene Geschichte? Worauf gründet die eigene Vorstellung/Vision eines guten Lebens eigentlich? Keine einfachen Fragen. Keine schnellen Lösungen.

Dem Künstler Yinka Shonibare gelingt es, uns zu verführen. Genauer hinzusehen, was es heisst, in einer aufgesetzten Kultur mit nicht selbst gewählten Statussymbolen und Umgangsformen die eigene Identität zu definieren. Auf den ersten Blick meint man durch eine Ausstellung zu flanieren, in denen es schöne Menschen in einer schönen Umgebung zu sehen gibt. Kleider machen Leute. Alles harmlos.

Auf den zweiten Blick stimmt das nicht mehr. Es fehlen die Köpfe in den wunderbar theatralen Inszenierungen. Manche werden ersetzt und erweitert durch Weltkugeln. Die prachtvollen Schnitte und Stoffe der Rokkokogewänder täuschen. Stammen zum Teil aus dem Theaterfundus der Salzburger Festspiele.

Als Sohn einer vom Empire begeisterten nigerianischen Familie wurde Shonibare 1962 in London geboren, wo er Kunst studierte. Nach einer Virusinfektion ist er teilweise gelähmt und stellte sich im Studium der Frage, was authentische, afrikanische Kunst sein könnte. Er wandte sich den scheinbar typischen afrikanischen Stoffen zu. Und musste entdecken, dass sie auf indonesische Muster zurückgehen, von Engländern und Holländern für ihre Kolonien in Afrika produziert.

Seine Begeisterung für die erlesene Kultur des Viktorianischen Zeitalters mischt sich mit dem Wissen um die Ausbeutung Afrikas, die diesen Wohlstand begründete. Und gerade diesen Kulturen ein Gefühl der Minderwertigkeit vermittelte.

Im Museum der Moderne in Salzburg zeigt Yinka Shonibare Arbeiten aus 30 Jahren. Grossartig wie es dem Künstler gelingt, Schönheit und Schrecken zu einem intellektuell, ästhetisch und emotional so berührenden Gesamtwerk zu vereinen.

Wie wäre es mit der Alternative einer Weltbürger*innen-Identität?

Berührt und beeindruckt
grüsst Sie ganz herzlich
Ihre Eva Mueller

Abb.: Ausstellungsansicht mit Werken von Yinka Shonibare CBE: „End of Empire“ im Museum der Moderne/ Mönchsberg in Salzburg

„End of Empire“, 2016, Bristol Museums, Galleries & Archives und Wolverhampton Art Gallery, © Yinka Shonibare CBE, Courtesy der Künstler und Wolverhampton Art Gallery and Bristol Museums & Art Gallery, Foto: Stephen White & Co.

Newsletter der Eva Mueller Kunstberatung
Ideen und Hintergrundwissen für Entscheider, inspirierende Denkanstösse für den Alltag, erfolgreiche Beispiele