Es war einmal eine glanzvolle Zeit. Die nannte man das goldene Zeitalter. Vor über 370 Jahren kamen Menschen aus aller Welt in die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande. Häufig hatten sie aus ihrer Heimat fliehen müssen, wegen ihrer Ideen, ihrem Freiheitsdrang, ihrer Religionszugehörigkeit.

Und die neuen Bewohner*innen der Städte fanden Orte für sich, an denen sie ihrer Leidenschaft nachgehen konnten. Es gab keine so gravierenden gesellschaftlichen Unterschiede wie in anderen Ländern dieser Zeit. Wohlhabende sorgten für ein soziales Netz. So viele Menschen wie nirgendwo anders lernten lesen und schreiben.
Die Seefahrt weitete sich aus. Der Handel blühte. Kunst und Wissenschaft sorgten für neue Erkenntnisse.

Doch jede Geschichte hat ihre dunkle Seite. Schurken und Bösewichte. Schuld und Verbrechen. Viele wurden reich durch die grausame Ausbeutung der Kolonien.

Der goldene Anteil:  Wie zu keiner anderen Zeit pflegten alle Bevölkerungsgruppen eine besondere Beziehung zu ihren Künstler*innen. Es gab mehr Maler*innen als Bäcker*innen. Zum Vergleich: 1650 wurden 300 Maler*innen, 169 Bäcker*innen und 78 Fleischer*innen in Antwerpen registriert. Um die 700 Künstler*innen bzw. Kunstwerkstätten schufen jährlich fast hunderttausend Gemälde. Ein ambitionierter Haushalt nannte ungefähr 200 Originale sein Eigen.

Die Nachfrage nach Landschaftsbildern, Seefahrerszenen, Stillleben, Portraitmalerei, Tier-und Pflanzendarstellungen oder bildhauerischen Arbeiten nach holländischer, deutscher, italienischer Art war riesig. Kaum zu erfüllen. Trotzdem musste man sich natürlich einen Namen machen. Sich absetzen von den vielen, die auf den Strassen ihre Kunstware anboten.

Was glauben Sie, wie viele Originale sich in unseren gut situierten Haushalten heute befinden? Ich weiss es leider nicht und kenne auch keine dementsprechende Statistik.

Wünschen darf man ja in allen Geschichten, die mit „es war einmal…“ beginnen. Ich wünsche mir daher ein neues, wirklich goldenes Zeitalter mit Kunstsinn, Solidarität, Empathie, Toleranz für alle Daseinsformen – und natürlich 200 Original-Kunstwerken in jedem Haushalt, jedem Unternehmen!

Mit zuversichtlichen Grüssen
Ihre Eva Mueller

Abb.: Barent Avercamp „Winterlandschaft“ ca.1649/60 Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg

Meisterwerke des Goldenen Zeitalters in der Malerei der Niederlande finden Sie im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg
und
bis 10. April 2022 in der Ausstellung „Goldene Zeiten. Die Sammlung niederländischer Kunst und ihre Geschichte“ im Von-der-Heydt-Museum Wuppertal.

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