Was ich schon immer wissen wollte! Mit dieser Frage kam der Mitarbeiter eines Auftraggebers auf mich zu, als ich diese Woche beim Aufbau eines Kunstwerks war.
Wie kommen eigentlich die Preise zustande, die einzelne Künstler:innen ansetzen?
Wer bestimmt darüber? Nur die allein?
Erster Anhaltspunkt für die Preisfindung von Kunstwerken ist das Renommee der jeweiligen Kunstschaffenden. Man erkennt deren Professionalität, ihre kontinuierliche und zuverlässige Weiterentwicklung vor allem, wenn man sich ihre Biografie ansieht.
In welchen Institutionen, Kunstvereinen, Museen wurden sie zu Ausstellungen eingeladen? Begann die Karriere schon früh mit Stipendien, Artist Residences (also geförderten Aufenthalten an speziellen Kunstorten)? Hat die Person Preise erhalten, wurden ihre Werke von öffentlichen Institutionen ankauft oder gab es Kunst am Bau Projekte? Wenn Sie lesen: Ausstellungen im In- und Ausland, oder einfach nur eine Aufzählung von Orten, sind das entweder sehr schüchterne Menschen – oder es gibt nicht so viel nachzuweisen.
Original oder Künstlerdruck, Materialaufwand und Herstellungstechnik müssen bewertet werden.
Wenn man über all diese Daten verfügt – und sie lesen kann – erkennt man, zumindest für jedes Land, eine relativ überschaubare Preisstaffelung. Daneben passieren natürlich immer mal wieder kurzfristige Hypes. Seriöse Sammler:innen und auf jeden Fall Unternehmen haben daran kein Interesse.
Was ich schon immer wissen wollte:
Woher weiss ich denn, ob etwas Kunst ist?
Wichtigstes Merkmal für Kunst ist ihre Originalität und damit ihr zeitloser Wert. Die grösste Herausforderung auf dem Karriereweg – neben dem Aufbau eines einflussreichen Netzwerks. Meist dauert es an die zehn Jahre kontinuierlicher Arbeit, um in dieser Fülle des Kunstmarktes zu einem eigenständigen Werk zu finden.
Hier liegt auch die Schwierigkeit für Laien, zu erfahren, was sie schon immer wissen wollten. Zu sehen und zu beurteilen, ob es diesen Stil, dieses Sujet nicht schon von Anderen auf viel eindrücklichere Weise gibt. Imitationen oder Aneignungen sind wertlos. Ideen nachzuahmen bringt im harten Wettbewerb nichts. Zwar kann sich jede:r Künstler:in nennen, aber wirklich davon leben kann nur, wem es gelingt, mit seinen Arbeiten Intellekt und Emotion anzusprechen, künstlerische Aussage, handwerkliche Profession und die richtige Kommunikation beherrscht. Ja, auch zugänglich ist für Menschen, die sich bisher noch wenig mit Kunst beschäftigt haben.
Die klar zuordenbare Profession zählt. Klasse Fotograf:innen oder Illustratorinnen üben einen anderen Beruf mit anderen Kriterien aus.
Betrachten, vergleichen, betrachten, vergleichen, betrachten, vergleichen, Hintergründe eruieren. So kommt man dem Wissen immer näher, ob etwas Kunst ist.
Frohe Sonntagsgrüsse
Ihre Eva Mueller
Abb.: Inge Dick „Herbstlicht weiss“
Die Künstlerin Inge Dick steht für ein ganz einzigartiges Werk. Sie filmt in ihrem Atelier das Licht verschiedener Jahreszeiten über mehrere Stunden oder Tage. Diese Vorlagen verarbeitet sie zu wunderbaren Tableaus. Damit wird sichtbar, was uns sonst verborgen bleibt. Hier das Lichtspiel im Herbst. Die Zahlen am unteren Rand zeigen die jeweilige Uhrzeit und wie sich die Nuancen damit verändern.