Ausstellung Jordan National Gallery of Fine Arts
Dieser Tage denke ich oft an all die Künstler:innen aus der israelischen, arabischen und europäischen Welt der Ausstellung „Together“, die ich vor etlichen Jahren für das Nationalmuseum in Amman, Jordanien unter Schirmherrschaft des Königshauses und der Deutschen Botschaft organisierte.
Wir fokussierten auf die Gemeinsamkeiten. Das Verbindende. Was uns als Menschen ausmacht. Universelle Bedürfnisse nach Liebe, Frieden, einem sicheren Zuhause, guter Arbeit, Wertschätzung. Es wurde sichtbar und erlebbar, wie Kunstschaffende aus den unterschiedlichsten Regionen dieser Welt an ähnlichen Themen arbeiten. Obwohl sie sich noch nie zuvor gesehen hatten.
Das Presseecho und die Resonanz der Besucher:innen war überwältigend. Ich war überrascht über diese Intensität. Erstaunt. Ist es nicht eine so naheliegende Botschaft, dass uns mehr verbindet als trennt, egal welcher Hautfarbe, Nation, Religion wir angehören? Weil wir alle Menschen sind! Heute erleben wir, wie wenig selbstverständlich dies gerade im Nahen Osten wieder ist.
So viele Einzelne, Initiativen, Organisationen, Kunstprojekte waren entstanden, die sich um Verständigung bemüht hatten. Denken wir nur an das grossartige West-Eastern Diva Orchestra, das Daniel Barenboim von 20 Jahren gegründet hat, um die Koexistenz und den interkulturellen Austausch von israelischen und arabischen Musiker:innen zu fördern.
Und jetzt dieser grausamste Terrorakt der Hamas in Israel. Der Schmerz, wenn jüdisches Leid sofort relativiert wird. Wo doch zu Recht Verständnis und Mitgefühl erwartet wurde. Stattdessen Angriffe und Gefährdungen, unsäglich mit dem Hintergrund unserer Geschichte! Auf der anderen Seite das Leid der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, die der Auseinandersetzung nicht entfliehen können.
Together statt Hass
Unvergesslich bleibt mir die Zusammenarbeit in den Workshops mit palästinensischen Flüchtlingskindern, die im Rahmen unserer Ausstellung von unseren Künstler:innen angeleitet wurden. Am letzten Tag luden wir die Kinder mit ihren Familien ins Museum ein. Für die Allermeisten das erste Mal an so einem Ort. Wie sie sich die Räume eroberten, miteinander redeten, die Künstler:innen bestürmten, ihnen alles zu erklären, war tief bewegend. Vor einem Werk der libanesischen Künstlerin Zena el Khalil führte ich die weitgehendsten Gespräche. Schon vorher in den Workshops hatten mich manche Kinder gefragt „Do you like the Israelis“. Und bevor ich überhaupt eine Antwort geben konnte, schon erwiderten „I hate them“. Kein Wunder nach ihrer Fluchterfahrung und sicher auch den Haltungen der Eltern.
Und so spürte man, wie sich beim Anblick der Installation für eine Freundin Zena el Khalil’s dieses stereotype Urteil verschob. Sie war beim Israel-Libanon Konflikt verstorben, weil im Krankenhaus die Strom-Generatoren ausgefallen waren. Ihr Erinnerungsobjekt trug die Botschaft: Ja wir vergessen sie nicht. Und glauben trotzdem, wir sind alle Eins, wir müssen einen Weg zusammen finden. Diese Aussage hörten die Kinder von einer Betroffenen vielleicht zum ersten Mal. Nur ein kleiner Tropfen auf einen heissen Stein. Trotzdem ist er gefallen. Und vielleicht bei manchen sogar angekommen.
„Ich würde nie hassen wollen“ zitierte die SZ letztes Wochenende Margot Friedländer, die als Einzige ihrer Familie den Holocaust überlebte und jetzt ihren 102. Geburtstag feiert. Wie grossartig, dass eine Frau mit dieser Erfahrung so denkt!
Geben wir die Vision der „Togetherness“ nicht auf – und setzen wir uns dafür ein!
Herzlich Ihre Eva Mueller
„Our Message Must Be Stronger Than Ever“ – Artikel von Daniel Barenboim: https://west-eastern-divan.org/our-message-must-be-stronger-than-ever
„Wir können nur den Hass verringern“ – Film über Daniel Barenboim und sein East Western Divan Orchestra – https://www.youtube.com/watch?v=2yNevJuXsDc
Abb.: Her Royal Highness and Princess, Kingdom of Jordan, Eva Mueller and Khalid Khreis, Director Jordan National Gallery of Fine Arts vor dem Werk der Künstlerin Zena El Khalil bei der Ausstellung „Together“.