VÖGEL IN LIEBE UND KRIEG
Unsterblich verliebt nutzte Graf Ferdinand Johann Adam von Pernau als begeisterter Ornithologe, sein Wissen über die Lernfähigkeit von Vögeln. Schon in jungen Jahren hatte er deren Verhalten erforscht. Er gilt als Begründer gezielter, wissenschaftlichen Vogelforschung.
Ein besonderes Experiment half ihm, seine jeru zu gewinnen. Dazu holte er hunderte von Blutfinkeneiern aus dem Nest, um die Jungvögel selbst aufziehen zu können und von Beginn an mit der Melodie eines Liebesliedes vertraut zu machen. Man kann sich leicht vorstellen, wie überwältigt (und überzeugt) die Angebetete war, als ihr bei einem Spaziergang mit dem Grafen die Liebesschwüre aus allen Baumwipfeln entgegen tönten.
Der Künstler Carsten Höller hat diese Geschichte (wieder-)entdeckt. Das veranlasste ihn, selbst einen jungen Finken aufzuziehen und ein Video darüber zu drehen, wie er das Experiment wiederholt. Denn noch heute, nach über 250 Jahren, scheinen die Nachkommen der ersten Liebesliedsänger diese Melodie im Park des Grafen zu pfeifen.
FLUG UND STURZ
Nicht nur in der Liebe, auch im Krieg, wurden Vögel eingesetzt. Kanarienvögel warnten Soldaten in den Schützengräben des ersten Weltkriegs vor Giftgas und retteten ihnen so das Leben. Sie verstummten als erste. Thorsten Brinkmanns Installation mit Giftgasmasken tragenden Kanarienvögeln ist ein weiterer, bewegender Beitrag in der aktuellen Ausstellung der ERES Stiftung. Ebenso wie die in schwarzen Öllachen liegenden, exotischen Vögel in der Installation von Monira Al Quadiri, die sich auf deren Tod während der in Brand gesetzten Ölquellen in der Zeit des Golfkriegs bezieht.
Dabei symbolisiert der Vogelflug ja eigentlich unendliche Freiheit. Nach wie vor fasziniert ihre Navigation über gigantisch weite Strecken zu fliegen. Und ist damit gleich wieder Vorbild für die Entwicklung beflügelter Drohnen.
So erkennen wir uns im Spiegel der grossartigen „Bird Show – Vögel zwischen Freiheit, Krieg und Quantenmechanik“ vielleicht noch mehr als die Vielfalt der über 10000 Arten.
Sehr erhellend – und ideal an verregneten Donnerstagen und Samstagen,
herzlich Ihre Eva Mueller
Abb.: Thorsten Brinkmann | o.T. (Warfare Canaries), 2014, Holz, Maschendraht, Stoff, Farbe, Holzäste, Plastikvögel, Eisen, 250 x 80 x 80 cm, Courtesy the artist und Galerie Anita Beckers, Frankfurt am Main
In: „The Bird Show – Vögel zwischen Freiheit, Krieg und Quantenmechanik“ bis zum 27.7. in der ERES Stiftung München zu sehen – ergänzt durch interessante Vorträge