Grosse Vorfreude auf Venedig
Die erste Gruppe zu meinen Biennale-Führungen kommt am Donnerstag und wir gehen gemeinsam auf Entdeckungstour. In dieser einzigartigen Stadt ist es ein ganz besonderer Genuss, die weltweit bedeutendste Übersicht zur zeitgenössischen Kunst zu erleben, auch, weil wir uns dabei nicht an den üblichen Touristenwegen aufhalten.
Alle zwei Jahre setzen die jeweiligen Kurator:innen ganz eigene Schwerpunkte. Adriano Pedrosa kommt selbst aus Brasilien und bringt uns heuer in der zentralen Ausstellung den globalen Süden, Afrika, Asien, Südamerika näher. Aus der üblichen, europäischen Kunstsicht ist uns das meiste davon unbekannt. Sein Leitfaden „Foreigners Everywhere“ passt damit sowohl zu Venedig, als auch zu den vielen ganz neu zu entdeckenden Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt.
Kunst aus aller Welt auf der 60. Biennale
331 Kunstschaffende aus 87 Ländern sind zu entdecken. Deshalb recherchiere ich schon Wochen und Monate vorab, um an Hintergrundinformationen zu kommen. Und eine Tour zu entwickeln, die in zwei Tagen Einblick in die Highlights gibt. Abwechslungsreich und mit etlichen Pausen, denn die wenigsten sind ja wie ich gewohnt tagelang Kunstwerke aufzunehmen.
Seit 1895 findet die Biennale in Venedig statt. Begonnen hatte alles in den Giardini, den Gärten im Stadtteil Castello. Wie bei anderen Ausstellungen in dieser Zeit stand der nationale Wettbewerb im Vordergrund. Erste Länder bauten für ihre Präsentationen eigene Pavillons. Noch heute gibt es Prämierungen, aber Kunstschaffende verstehen sich als Weltbürger:innen, auch wenn sie ihre Herkunft natürlich geprägt hat.
Die Goldenen Löwen
Archie Moore im Australischen Pavillon erhielt den Goldenen Löwen für den besten nationalen Beitrag, das Mataaho Collective für ihre Installation in den ehemaligen Arsenale Werfthallen. Anna Maria Maiolino und Nil Yalter erhielten die Auszeichnung für ihr Lebenswerk. Karimah Ashadu bekam als vielversprechendste junge Künstlerin den Silbernen Löwen.
All das und noch vieles mehr sehen wir.
Ich freue mich!
Mit begeisterten Grüssen
Ihre Eva Mueller
Abb.: „Machine Boys“ von Karimah Ashadu auf der Biennale in Venedig, für dieses Video ausgezeichnet mit dem Goldenen Löwen als vielversprechendste junge Künstlerin.
Sie untersucht in ihrem Werk „die informelle Wirtschaft der Motorradtaxis – umgangssprachlich als „Okada“ bekannt – in der Megastadt Lagos. Das Werk porträtiert eine hartgesottene Gruppe von Motorradfahrern, die diese illegale Arbeit fortsetzen, um finanzielle Autonomie und Unabhängigkeit zu erlangen, und die vor einigen Jahren verboten wurde, weil die Regierung nicht in der Lage war, die Branche zu regulieren. In Machine Boys befasst sich Ashadu mit den Folgen dieses Verbots und schildert die täglichen Rituale und Herausforderungen der Okada-Fahrer.“
Sie verkörpern einen besonderen Zweig der Männlichkeit, und in dieser Performance kommt eine schöne Verletzlichkeit zum Vorschein, die die patriarchalische Kultur Nigerias in Frage stellt. Durch diese Erkundung nigerianischer patriarchalischer Ideale setzt Ashadu ihre Performance von Männlichkeit in Beziehung zur Verletzlichkeit einer prekären Klasse von Arbeitern.“