was kunst kann

Haben Sie es gleich gesehen? Die Portraits zeigen jeweils dieselbe junge Frau. Aber bleibt Ihr erster Eindruck, die folgende Einschätzung, Ihr Interesse, vielleicht sogar Ihre Beurteilung auch dieselbe? Zeigt uns das vielleicht schon, was Kunst kann?

Als ich diese Fotos der Künstlerin Petra Gerschner vor vielen Jahren für meine Ausstellung „Together“ in der Nationalgalerie Amman in Jordanien auswählte, passten die Werke in die damalige Diskussion. Ganz bewusst hatte ich arabische und europäische Künstler:innen eingeladen, die nichts voneinander wussten – und sich doch in ihrer Kunst ähnlich waren. Eben weil es Übereinstimmungen in der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Welt gibt, unabhängig von Religion oder nationaler Zugehörigkeit.

Was Kunst kann

Die zugrunde liegende Botschaft der Bilder ist bis heute brandaktuell. Petra Gerschner spielt auf beispielhafte Weise mit den Zuschreibungen, die allein auf der Neuanordnung eines Kleidungsstücks gründen. Es gibt nur feine Unterschiede in der Art und Weise, wie das Material (mehr ist es ja eigentlich nicht) getragen wird. Und doch können die Auswirkungen immens sein. Für die Betroffenen.

Die Präzision des Konzepts und die Einfachheit des Mediums sind beeindruckend – und die Wirkung ist intensiv. Während eine Reduzierung der Farbintensität zu einer künstlichen Blässe führt, wird der Gesamteffekt verstärkt.

Wir verstehen, wie stark Symbole für Identität und Rollenverständnis wirken. Welchen Wahrnehmungsmustern wir selbst folgen. Wie schnell wir einordnen und beurteilen. Wie wir Menschen sehen – und uns eventuell Zugängen vorschnell verschliessen.

Was Kunst kann? Genau das!

Es grüsst Sie herzlich

Ihre Eva Mueller

Abb.: Petra Gerschner, Fotoserie, Vintage Prints 1992

Die Künstlerin Petra Gerschner analysiert in ihren Foto-, Video- und Installationsarbeiten Geschlechterverhältnisse, kulturelle und rassistische Stereotypisierungen sowie

Machtverhältnisse, die soziale Inklusion und Exklusion erzeugen. Durch ihre eigene Neuinterpretation hinterfragt die Künstlerin bestehende Bilder, hebt gemeinsame Methoden und Strategien hervor, auf denen diese basieren, und schafft neue Wahrnehmungsmöglichkeiten. Ihr Ziel ist es, neue Perspektiven auf subversives und kollektives Handeln zu entwickeln und das Potenzial künstlerischer Interventionsstrategien zu erforschen.

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