Mutabor – Ich werde verwandelt werden
Kennen Sie das Zauberwort? Mutabor (lateinisch): „Ich werde verwandelt werden“. So geschieht es in Wilhelm Hauffs Erzählung vom „Kalif Storch“.
Die Geschichte
Kalif Chasid zu Bagdad sitzt an einem schönen Nachmittag behaglich auf seinem Sofa, fühlt sich heiter, schmaucht ein Pfeifchen, trinkt Kaffee. Und weil das um diese Stunde meist so ist, besucht ihn dann immer sein Grosswesir Mansor. Eines Tages kaufen sie bei dieser Gelegenheit eine geheimnisvolle Dose, von der sie nicht wissen, was sie eigentlich enthält.
Für das beigefügte Schriftstück holt man den Gelehrten Selim. Er entziffert, wer vom Pulver der Dose schnupft und dazu Mutabor spricht, kann sich in jedes Tier verwandeln und versteht auch dessen Sprache. Um wieder Mensch zu werden, neige man sich dreimal gen Osten, spreche das gleiche Wort. Eine Bedingung gibt es aber: Man darf während des Zaubers nicht lachen.
Kalif und Grosswesir brennen natürlich darauf, dies auszuprobieren, entdecken am nächsten Morgen Störche und verwandeln sich, um deren Gespräch zu belauschen. Als die beteiligte Störchin in malerischer Stellung auf einem Fuss steht und mit den Flügeln wedelt, können sie sich nicht mehr halten – UND LACHEN! Prompt fällt ihnen das Verbot ein – aber nicht mehr das Zauberwort.
Sie erkennen, das Ganze war der Trick eines mächtigen Zauberers Kaschnur, der sich nun als neuer Kalif ausrufen lässt. Errettet werden sie schliesslich von einer verzauberten Eule, die selbstverständlich eine zauberhafte Prinzessin ist. Sie wird erlöst, weil der Kalif ihr die Ehe verspricht. Sie erlöst, weil sie weiss, wo sich der böse Kaschnur mit Freunden über das Zauberwort unterhält.
Jörg Mandernachs Kunst zu Mutabor
Der Künstler Jörg Mandernach bezieht sich in seinen Werken auf unsere Verwandlungsmöglichkeiten. Die Botschaft können wir uns zu Herzen nehmen. In den Mokassins der anderen zu laufen, wird uns zu mehr Verständnis führen. Anstatt zu lachen, Tieren Gefühle abzusprechen und sie dementsprechend qualvoll zu behandeln, wäre es gut sich mal in deren Lage zu versetzen.
Die Geschichte um Mutabor wird damit zu einer Aufforderung aufmerksamer, bewusster zu werden. „Du musst dein Leben ändern“ ruft uns Rainer Maria Rilke in seinem Sonett zu. Es wird uns nicht helfen, so zu tun als hätten wir uns den Veränderungen in der Welt nicht anzupassen – und damit alles schlimmer zu machen, anstatt kreative neue Lösungen zu suchen.
Jörg Mandernach versucht das mit allen Mitteln: Grafik, Scherenschnitten, Malerei, Film, Musik. Alle diese Sujets bedingen einander. Das eine führt zum anderen. Aus den Grafiken lösen sich die Figuren und werden zu dreidimensionalen grossen Scherenschnitten und bewegen sich schliesslich in animierten Zeichnungen zu neuen Formationen in seinen Filmen. Schriftzüge nehmen die Themen der Verwandlung auf, manchmal rätselhaft, weil seitenverkehrt oder zu sehr ineinander verflochten. Verehrte Musiker wie Neil Young finden sich im Stil der Pop-Art wieder. Ein umfangreiches Archiv an Bildmotiven, auch medialen, kommt zum Einsatz.
Die Eröffnungsfeier
Am Freitag Abend eröffneten wir die diesjährige Ausstellung zu den Nürtinger Kunsttagen in der Volksbank Mittlerer Neckar e.G. mit grossen Schattenfiguren und Trickfilmen von Jörg Mandernach. Vorstandssprecher Markus Schaaf, Tamara Wenzelburger vom Citymarketing und Bürgermeister Dr. Johannes Fridrich übernahmen die Begrüssung, das preisgekrönte Harfenquartett der Musikschule Kirchheim unter Teck e.V. verzauberte mit ihrer Musik. Nach meiner Einführung in das Werk von Jörg Mandernach war es eine Freude mit den vielen Besucher:innen in ein anregendes Gespräch über die Kunstwerke zu kommen.
Mit begeisterten Grüssen, Ihre Eva Mueller
Eine Animation als Video finden Sie unter https://vimeo.com/762874289.