Ich und Du
Martin Buber

 

Guten Tag,

es gibt kein Ich ohne das Du, so verkürzt könnte man das bekannte Buch des Philosophen Martin Buber zusammenfassen. 1938 gelang es ihm gerade noch vor der Verfolgung der Nationalsozialisten zu fliehen, nachdem während des fürchterlichen Pogroms am 9. November vor 77 Jahren sein Haus zerstört worden war. 1953 wurde Martin Buber mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Sein Grossvater, Salomon Buber, war einer der wichtigsten Erforscher der im 18.Jh. aufkommenden, chassidischen Lehre. Die Chassidim sind eine Gruppe osteuropäischer Juden, die einen sehr strengen Wertekodex pflegen, zum anderen aber das Göttliche vor allem in der Lebensfreude erkennen. Sie verstehen es, trefflich zu feiern und Geschichten zu erzählen. Martin Buber hat auch ihnen ein Buch gewidmet: „Hundert chassidische Geschichten“.

Wie wichtig die Gemeinschaft, das Gegenüber, das Du für die persönliche Entwicklung ist, wird in einer Erzählung besonders deutlich:

Der Gründer des Chassidismus, Rabbe (Rabbiner) Israel Baal Schem Tow, lebte eher verborgen und unscheinbar, er tat sich nicht hervor. Sein Geld verdiente er als Lehmstecher und nur wer ein tieferes Gespräch mit ihm führte, erlebte plötzlich einen sehr weisen und gebildeten Mann.

Der Rabbe von Brody erkannte das nicht. Er sah nur die Lumpen, in die Rabbe Israel gekleidet war und fand ihn seiner nicht würdig. Als dieser das bemerkte, sprach er: „Unsere Weisen empfehlen uns, von jedem Menschen zu lernen. Jeder ist für uns ein Spiegel und Lehrer. Wenn unser Gesicht rein ist, dann ist auch unser Spiegelbild makellos. Wenn wir im Spiegel einen Fehler sehen, dann ist es unser eigener. Wenn ich dein missmutiges Gesicht sehe, lieber Rabbe von Brody, dann wird mir klar, wie weit ich noch vom Ideal entfernt bin, meinen Nächsten zu lieben wie mich selbst!“

Eine sehr moderne Interpretation, die geradezu auch aus der neurologischen Resonanzlehre und Spiegeltheorie stammen könnte, doch hunderte Jahre zurückliegt! Die wesentlichen Einsichten zum Ich und Du sind wohl schon sehr alt.

Mit herzlichem Gruss

Ihre Eva Mueller

 

Der Todestag von Martin Buber jährt sich heuer zum 50. Mal. Aus diesem Anlass ist eine Ausstellung mit dem Titel seines Hauptwerkes „Ich und Du“ noch bis zum 18.11. im Bildungszentrum Hospitalhof in Stuttgart zu sehen. Daneben gibt es ein interessantes Begleitprogramm mit Diskussionen zu Identität, Anerkennung und Differenz, parallel zu den künstlerischen Fragestellungen.

Das abgebildete Gemälde „Testsieger“, stammt von Anna Ingerfurth.

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