Europa

Guten Tag,

nachdem gerade viel über Europa gesprochen und gestritten wird, scheint es mir interessant den geschichtlichen und mythologischen Hintergrund der Ursprungsdame anzusehen!

In der griechischen Antike gilt es als selbstverständlich, dass sich Götter und Menschen im Alltag, hier auf Erden begegnen und gegenseitig beeinflussen. Übrigens gilt in dieser Überlieferung als Urvater aller weiteren himmlischen und irdischen Wesen: Chaos!

Laut ethymologischem Wörterbuch und Wikipedia führt der griechische Wortstamm von Europa auf die Begriffe „Sicht“ / „Gesicht“ / „die Frau mit der weiten Sicht“ (!) zurück. Die gleichnamige phönizische Königstochter käme heute aus Syrien bzw. dem Libanon. Homer, der grosse Dichter (von dem man nicht genau weiss, wann er lebte) erzählt in seiner Ilias davon. Sie ist das älteste, überlieferte Zeugnis der europäischen Geschichte und entstand ca. 800 v. Chr.

Wie immer, wenn eine schöne Frau heranreift, ist (der griechische) Zeus oder (römische) Jupiter einer der ersten, der sie entdeckt und erobern will. Dafür schlüpft er meist in eine Tiergestalt (auch um sein Tun vor seiner Gattin Hera zu verschleiern). Kurz und gut, er nähert sich Europa als besonders schönes Stierexemplar. In Ovids Metamorphosen ist die Rede von so auserlesen weichem Fell und wunderbar wie von Künstlern geformten Hörnern (man höre wozu die Kunst verhilft), die Europa verführen, ihn zu streicheln, mit Blumen zu schmücken und sich auf ihn zu setzen. Natürlich nutzt der verkleidete Zeus/Jupiter diese Gelegenheit und entführt Europa über das Meer nach Kreta, wo er sich dann in seiner göttlichen Gestalt präsentiert.

Aus der Verbindung von Zeus und Europa gehen drei Kinder hervor, sie dauerte also doch einige Zeit an.

Herodot von Hilkarnassos, der uns heute noch bekannte Geograph um 490 v. Chr., benennt als Verfasser der „Historien“ die Kontinente neu. Ursprünglich wurde nur das Gebiet um den Peloponnes als Europa bezeichnet. Da es keine natürliche Begrenzung gibt, kein Gebirge oder Meer, gründet die Definition von Europa auf (mehr oder weniger willkürlichen) politischen Entscheidungen. Erst mit Beginn der Völkerwanderungen um 1450 entstehen heutige Länder wie Frankreich, England oder Spanien. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden verschiedenste europäische Zusammenschlüsse ins Leben gerufen, die heutige EU 1992 mit dem Vertrag von Maastrich.

Wer ist also „Europäer/in“? Was würde hinter der letzten Grenze geschehen, in der sogenannte „Nichteuropäer/innen“ von der „Völkerwanderung“ ausgebremst werden sollen – und wer möchte dafür die Verantwortung tragen? Was würde die phönizische Königstochter mit ihrem visionären Weitblick dazu sagen?

Mit herzlichem Gruss

Ihre Eva Mueller

 

 

Europa und der Stier, Fresco aus Pompeji, ca. 1. Jh.

 

Mondo Veneziano
Venedig entstand um 4000 v. Chr. und ist alle zwei Jahre unser Ziel, wenn die bedeutendste Kunstausstellung, die Biennale, stattfindet. Als eine der grössten See-Handelsstätte besass sie das wichtige Salzmonopol (für die Haltbarkeit von Fisch und Fleisch von Bedeutung) an einem strategisch bedeutenden Standort zwischen Europa und Asien.

Die Kunsthistorikerin und Venedigexpertin Heidrun Reinhard stellt am 10.3.2016 um 19.30 Uhr in der Buchhandlung Moth (immer bekannt für interessante Veranstaltungen) ihr neues Buch „Mondo Veneziano“ mit bezaubernden und lehrreichen Geschichten über Menschen und Paläste in Venezia vor.

Fotografie von Harald Rautenberg

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